X-Alps 2015 – Interview mit Yvonne Dathe

Hallo Yvonne, wie bist Du zum Gleitschirmfliegen gekommen?

Gleitschirmfliegen habe ich 1994 gemeinsam mit meinem Vater angefangen. Nach der Scheidung meiner Eltern, haben wir nach einem gemeinsamen Hobby gesucht und es beim Gleitschirmfliegen gefunden. Allerdings hatte ich jahrelang keine Ahnung, was mit dem Gleitschirm tatsächlich möglich ist.

Wie hast Du zum Leistungssport gefunden?

Erst 2006 erkannte ich durch Thomas Ide (Yvonnes Lebenspartner und ebenfalls Toppilot. Anm. d. Red.), dass es tatsächlich Menschen gibt, die mit dem Gleitschirm 200 km und mehr fliegen können. 2007 beobachtete ich die bayerische Meisterschaft in Hindelang und war total von der Atmosphäre begeistert. 2008 wollte ich unbedingt ebenfalls bei der Bayerischen Meisterschaft mitfliegen. Leider gab es in dem Jahr keinen Ausrichter, so dass ich kurzer Hand selbst den Wettbewerb ausrichtete, um daran teilnehmen zu können. Seither hat mich das Wettbewerbsfliegen nicht mehr losgelassen.

Deine letzten Wettbewerbe waren die die Colombian Nationals sowie die Gleitschirm Weltmeisterschaft in Kolumbien (Januar 2015). Wie waren Deine Erfahrungen im Deutschen Team?

Insgesamt war die Stimmung sehr gut! Das Team verstand sich gut und jeder trieb den anderen mit an. Es macht Spaß, mit den anderen zu fliegen.

Wie war das fliegerische Niveau an der WM?

Das fliegerische Niveau war extrem hoch. Es wurde schnell geflogen und jeglicher kleine Fehler sofort abgestraft. Für mich persönlich lief die WM nicht so gut. Ich bin nicht richtig ins Rennen gekommen und habe einige Fehler gemacht, aus denen ich für die Zukunft gelernt habe.

Gliderhub gratuliert Dir, dass Du in den erlesenen Kreis der X-Alps Piloten und Pilotinnen aufgenommen wurdest! Welche Deiner typischen Eigenschaften führte Deiner Meinung nach zur Nominierung?

Eine typische Charakter-Eigenschaft von mir ist – denke ich – mein Durchhaltewille. Egal wie schwer oder umständlich etwas ist, wenn ich es angefangen habe, ziehe ich es durch! Zur Nominierung hat wahrscheinlich meine Teilnahme bei den X-Pyr im vergangenen Jahr geführt.

Wie sieht Dein Programm für 2015 aus und wie bereitest Du Dich auf die X-Alps vor?

2015 liegt ganz im Zeichen der Red Bull X-Alps. Ich werde etwas weniger auf Wettbewerbe gehen, dafür viel Laufen und XC-Fliegen. Wenn Wettbewerbe zeitlich reinpassen, werde ich an diesen natürlich teilnehmen, denn nirgends kann ich mehr über schnelles Fliegen und Flugtaktik lernen. Mein Lauftraining richte ich an einem Marathontrainingsplan aus. Ergänzt durch Hike & Fly Touren.

Hast Du Erfahrung durch die Teilnahme an anderen ähnlichen Wettbewerben?

Die Crossalps 2013 waren mein Einstieg in Hike & Fly Wettbewerbe. Letztes Jahr nahm ich dann noch an den Bordairline in Levico Terme teil. Bei beiden Bewerben bin ich allerdings deutlich mehr geflogen als gelaufen. Letztes Jahr bei den X-Pyr vom Atlantik zum Mittelmeer durfte ich recht viel laufen. Ich denke, dieser Wettbewerb kommt den X-Alps am nächsten. Allerdings wird am X-Alps die Strecke mindestens doppelt so weit sein.

Welche Stärken bringst Du in die X-Alps ein?

Meine fliegerischen Fähigkeiten und mein Durchhaltewillen sind meine Stärken. Außerdem habe ich einen Supporter, der selbst ein exzellenter Pilot ist und mir mit Rat und Tat zur Seite steht. Thomas Ide ist mein Lebensgefährte und zugleich ein Toppilot. Er kennt mich besser als sonst jemand und weiß, was ich benötige. Er kann mich hervorragend motivieren, falls ich mal in einem Tief stecke. Durch seine fliegerischen Fähigkeiten kann er mir zudem bei der Routenwahl helfen.

Welche Personen und Institutionen unterstützen Dich anderweitig?

Meine Sponsoren wie Pauly Consult und Haglöfs, sowie zahlreiche Freunde aus ganz Europa, stehen mir mit Rat zur Seite. Es gibt auch einige die mich finanziell über meine Webseite unterstützen.

Zu Deinen Zielen am X-Alps: Sicherheit vs. Zielerreichung – wo sind die Grenzen und Abbruchlinien?

Mein oberstes Ziel ist, gesund und heil das Abenteuer zu bestehen. Allerdings ist es sicher eine Gratwanderung, die eigene Grenze zu erkennen und abzubrechen. Hier werde ich auf mein Bauchgefühl und Thomas vertrauen.

Wer sind Deine grössten Konkurrenten und welches die möglichen Hindernisse, deine Ziele zu erreichen?

Der größte Konkurrent bin ich selbst. Wie gesagt, mein oberstes Ziel ist, gesund zu bleiben und an zweiter Stelle möchte ich Monaco erreichen. Die einzige Person, die mich davon abhalten kann, bin ich selbst. Indem ich evtl. Fehlentscheidungen treffe oder nicht auf meinen Körper achte.

Unsere Leser/innen interessieren sich bestimmt auch für Materialfragen. Welchen Schirm wirst Du fliegen?

Das wird sich noch zeigen. Auch beim Gurtzeug habe ich mich noch nicht entschieden.

Du wirst rund 10 – 15 Tage unterwegs sein. Worauf achtest Du bei Deiner Kleidung und bei Deinem Schuhwerk?

Die Kleidung muss passen, die Temperatur regulieren und atmungsaktiv sein. Hier vertraue ich schon seit Jahren auf die Produkte von Haglöfs. Bei den Schuhen habe ich Laufschuhe, Trekkingschuhe und Bergschuhe. Von jeder Sorte habe ich mindestens zwei Paare dabei, die ich bei Bedarf wechsle.

Die obligate Frage von Gliderhub zu den Socken (siehe auch das Interview mit Anne-Marie Flammersfeld) – wie manches Paar hast Du dabei?

Ich werde mindestens sieben Paar Socken dabei haben. Kompressionssocken, damit die Beine nicht anschwellen.

Weg vom X-Alps, zu Deinem Beruf – Du bist Mentaltrainerin. Wer sind typische Kunden bei Dir im Mentaltraining?

Typische Kunden sind natürlich Gleitschirm- und Drachenflieger, die sich entweder verbessern oder eine Hürde mit meiner Hilfe überwinden wollen. Außerdem arbeite ich viel mit Selbständigen und Unternehmern. Diese Gruppe unterstütze ich bei ihren beruflichen Herausforderungen und ihrer strategischen Unternehmensplanung.

Können wir einige Tipps und Tricks von Dir für unsere Leserschaft erhalten?

Stichwort “hike&fly”

Genieß das Erlebnis! Es gibt nichts schöneres als zu Fuß auf einen Berg zu wandern und anschließend ein paar Kilometer zu fliegen! Wenn du untrainiert bist, fang mit einem kleinen Berg an und steigere dich langsam. In einer Gruppe macht die Wanderung noch mehr Spaß.

Stichwort “Gleitschirmfliegen”

Auch hier gilt, das Fliegen zu genießen! Für mich hat das Gleitschirmfliegen etwas meditatives. Im Kopf ist nur Platz für das Fliegen. Das spüren der Luft, die nächste Thermik, Düfte die aus dem Wald oder dem Tal nach oben steigen. Nach einem Flug, egal wie lange er war, fühle ich mich glücklich und zufrieden. Denn alle Sorgen und Grübeleien hatten keinen Platz mehr und sind verflogen.

Wie stelle ich mich gut auf ein Flugjahr ein, um etwas dazu zu lernen, weiter zu kommen und trotzdem nicht zu hohe Erwartungen zu haben?

Das Hauptproblem bei Erwartungen ist, dass sich viele an irgendwelchen Ranglisten messen. Dabei ist es vollkommen egal, ob ich auf Platz 1 oder 100 stehe. Diese Fokussierung auf die Rangliste führt unweigerlich zu Frust.
Bei der Zielformulierung kommt es darauf, dass das Ziel durch mich persönlich erreicht werden kann. Wenn ich etwas dazu lernen möchte. Sollte ich mir überlegen, was genau ich lernen möchte und mir dann überlegen, “was kann ich dazu beitragen, um das zu lernen?” Wenn ich das Ziel dann erreicht habe – super! Wenn nicht, dann frage – warum nicht? – was kann ich in Zukunft anders machen? Hilfreich ist immer, Personen zu fragen, die das, was ich erreichen oder lernen möchte, bereits können. Die meisten sind sehr redselig und freuen sich, wenn sie einen Tipp geben können.

Yvonne, wir danken Dir für Deine wertvolle Zeit, die interessanten Antworten und wünschen Dir von Herzen ein fantastisches Jahr 2015. Für die X-Alps wünschen wir Dir ein unvergessliches Erlebnis, beste Gesundheit und ein Landebier in Monaco. Und dass Deine Konkurrenten hauptsächlich Dein Untersegel zu sehen bekommen!

Yvonne Dathe – WinMental

Yvonne Dathe ist 37 Jahre alt, Dipl. Betriebswirtin (FH), Gleitschirm-Tandempilotin, Mentaltrainerin und Studentin der Psychologie. 2015 wird sie als eine von zwei weiblichen Pilotinnen an den X-Alps teilnehmen.


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